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Die Nachfrage nach Therapieplätzen ist in der Region Stormarn stark angestiegen, was zu langen Wartezeiten für psychisch erkrankte Menschen führt. Laut einem Bericht von LN Online ist die Praxis der Psychotherapeutin Dorethee Dechmann in Bad Oldesloe bereits vollständig ausgelastet. Um mit der hohen Nachfrage umzugehen, hat sie ihre Warteliste auf acht Personen beschränkt. Dechmann äußert, dass andere Praxen ebenfalls voll sind, was es ihr erschwert, Menschen mit Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen abzulehnen. Der Anstieg der Behandlungsbedarfe ist deutlich, da im Jahr 2022 etwa 25.400 Menschen im Kreis Stormarn ärztlich wegen Depressionen behandelt wurden, was 11,4 Prozent der Bevölkerung entspricht.
Um die lange Wartezeit zu überbrücken, können Betroffene digitale Gesundheitsanwendungen nutzen, die vom Hausarzt freigeschaltet werden können. Dechmann warnt jedoch, dass solche Apps eine Therapie nicht ersetzen können und oft die erforderliche Motivation fehlt, um sie effektiv zu nutzen. Wie WDR berichtete, ist die Anzahl der Therapieplätze in Deutschland durch die Bedarfsplanung von 1999 begrenzt, die von dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegt wurde. Diese Regelung tendiert dazu, eine angemessene medizinische Versorgung in ländlichen Regionen sicherzustellen und eine Überversorgung in städtischen Gebieten zu vermeiden. Dennoch gibt es nachweislich keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Menschen in ländlichen Gebieten weniger psychisch erkranken.
Therapeuten und Kassensitze
Die Bedarfsplanung des G-BA begrenzt die Zahl der Kassensitze, was dazu führt, dass junge Therapeuten Schwierigkeiten haben, einen Kassensitz zu erhalten, da sie diesen oft von einem abgebenden Kollegen erwerben müssen. Die Kosten für einen Kassensitz schwanken zwischen 20.000 und 100.000 Euro, abhängig von der Region. Laut dem G-BA beträgt die maximale Wartezeit auf Therapieplätze etwa 15 Tage, während die Bundespsychotherapeutenkammer diese Zahl als methodisch unzureichend kritisiert. Es sind bereits zahlreiche Petitionen im Umlauf, die das aktuelle System in Frage stellen und Änderungen fordern. Trotz der im Koalitionsvertrag der regierenden Ampelkoalition versprochenen Reformen zur Reduzierung der Wartezeiten wurden bisher keine signifikanten Fortschritte erzielt.