
In Georgien hat die Verabschiedung eines neuen Gesetzes, das die Rechte von LGBTQ+-Personen stark einschränkt, zu einem Anstieg von Diskriminierung und Gewalt geführt. Daniel Merebashwili und Beka Gabadadze berichteten von Vandalismus gegen ihr Büro, das mit blutroten, faschistischen Graffiti beschmiert wurde. Aufgrund dieser Angriffe sahen sie sich gezwungen, ihr Büro umzuziehen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass 2021 fast die Hälfte der Georgier*innen LGBTI-Rechte für wichtig hielt, was einen Anstieg im Vergleich zu 33 % im Jahr 2018 darstellt. Beka Gabadadze sprach außerdem über frühere Übergriffe, die er an der Universität erlebt hatte.
Die LGBTI-Szene in Georgien ist Teil der Massenproteste gegen die aktuelle Regierung. Diese Proteste sind pro-westlich, und viele der Teilnehmenden zeigen ihre Unterstützung für die LGBTI-Community. Der Techno-Club Bassiani fungiert als sicherer Raum für queere Menschen. Dennoch müssen LGBTI-Aktivist*innen vorsichtig sein, da Staatsmedien Versuche zur Diskreditierung von Protesten mit Regenbogenfahnen als „Schwulenpropaganda“ darstellen. Nata Talikishwili thematisiert in Comedyshows ihr Leben als trans Frau und berichtet von Diskriminierung. Sie meidet einige Veranstaltungen, um das Ansehen der Organisatoren nicht zu schädigen.
Gesetzesänderungen und deren Auswirkungen
Das neue Gesetz, das die Rechte von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten stark einschränkt, wurde von Parlamentschef Schalwa Papuaschwili unterzeichnet. Dies soll angeblich zum Schutz von Familien und Kindern dienen. Es beschränkt unter anderem die „Propaganda von gleichgeschlechtlichen Beziehungen“ in Bildungseinrichtungen und im Fernsehen und verbietet Geschlechtsangleichungen sowie Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare. Zudem erklärt es im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen für ungültig in Georgien. Das Gesetz wurde von der Regierungspartei „Georgischer Traum“ am 17. September beschlossen, wobei die Opposition die Abstimmung boykottierte.
Die Präsidentin Salome Surabischwili unterzeichnete das Gesetz nicht, legte jedoch kein Veto ein, wodurch es mit seiner Veröffentlichung im georgischen Gesetzesalmanach in Kraft trat. Die Europäischen Union hat das Gesetz scharf kritisiert und fordert eine Rücknahme, da es Diskriminierung und Stigmatisierung fördere. Die Beziehungen zwischen Georgien und der EU sind aufgrund solcher Einschränkungen für Nichtregierungsorganisationen belastet. Kritiker sehen Parallelen zu einem russischen Gesetz gegen „ausländische Agenten“, das gegen regierungskritische Medien und Organisationen gerichtet ist.
In den letzten Monaten kam es beim Anstieg von Hassverbrechen zu einem alarmierenden Anstieg der Fallzahlen: von 2 bis 3 Fällen pro Monat auf 24 im September. Die Polizei verfolgt Angriffe auf trans Personen nicht ausreichend. Der Mord an der trans Aktivistin Kesaria Abramidze 24 Stunden nach Verabschiedung des Anti-LGBTI-Gesetzes verdeutlicht die Gefahren, denen die Community ausgesetzt ist. Auch Nata Talikishwili wurde im Oktober 2024 Opfer eines Hassverbrechens. Angesichts der unsicheren Lage haben viele queere Personen Georgien verlassen, doch Merebashwili und Talikishwili beabsichtigen, in Georgien zu bleiben, um für ihre Community zu kämpfen, während Beka Gabadadze sich noch nicht entschieden hat.
Zusätzlich musste die NGO Temida ihre Programme für geschlechtsangleichende Operationen einstellen, da Ärzt*innen kriminalisiert werden. Betroffene könnten gezwungen sein, für medizinische Eingriffe in die Türkei zu reisen.