
Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O’Flaherty, hat am 9. April 2025 einen offenen Brief an das Parlament in Bratislava gesendet. Darin fordert er die Abgeordneten auf, den aktuellen Entwurf eines Gesetzes bezüglich Nichtregierungsorganisationen (NGOs) nicht anzunehmen. O’Flaherty kritisiert, dass der Gesetzesentwurf staatlichen Behörden zu viel Spielraum gibt und das zivilgesellschaftliche Engagement abschrecken könnte.
Dieser Gesetzentwurf stammt von der Regierung des linkspopulistischen Ministerpräsidenten Robert Fico und sieht vor, NGOs als Lobbyisten einzustufen, wodurch deren Finanzierung und Arbeitsweise offengelegt werden müssen. Fico rechtfertigt den Entwurf mit dem Ziel, größere Transparenz zu schaffen. Kritiker hingegen sehen in dem Gesetz ein Kontrollinstrument, das an Vorbilder aus Moskau erinnert. In den letzten Tagen sind in der Slowakei Tausende von Menschen gegen diese Gesetzesinitiative auf die Straße gegangen.
Proteste und rechtliche Änderungen
Zusätzlich zu O’Flahertys Bedenken gab es am Donnerstag große Proteste in Bratislava gegen die Gesetzesänderungen für NGOs. Diese Änderungen würden die Aktivitäten von Zivilgesellschaftsorganisationen erheblich erschweren. Neu eingeführt wird der Begriff „ausländisch unterstützte“ Organisationen für NGOs, die mehr als 5.000 Euro aus dem Ausland erhalten. Zudem erfordern die neuen rechtlichen Bestimmungen die Registrierung politischer Aktivitäten in einer öffentlichen Datenbank.
Organisationen mit Budgets von über 50.000 Euro müssen jährlich Berichte über ihre Spender offenlegen, die mehr als 5.000 Euro erhalten haben. Die Abstimmung über die Gesetzesänderungen wird für die nächste Woche erwartet. Die Europäische Kommission hat bereits Kritik an den Änderungen geäußert und droht mit einem strafrechtlichen Verfahren bei deren Genehmigung.
Robert Fico plant, den zivilen Raum herauszufordern, seit seinem politischen Sieg 2023. Bereits 2018 äußerte er Vorwürfe gegen ausländisch finanzierte Organisationen, die er für die Destabilisierung des Landes verantwortlich machte, insbesondere nach dem Mord an einem investigativen Journalisten. Der Oppositionsführer Michal Šimečka von Progresívne Slovensko bezeichnet die Änderungen als ein „Anti-Zivilgesellschaft“-Gesetz. Zudem hat die UN kürzlich die Erosion grundlegender Freiheiten in der Slowakei kritisiert. Ähnliche Versuche zur Einschränkung von NGOs in Georgien wurden von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch scharf abgelehnt. Der EuGH hat im Jahr 2020 entschieden, dass vergleichbare Regelungen in Ungarn diskriminierend gegenüber Organisationen mit ausländischer Finanzierung sind und gegen EU-Recht verstoßen.