
Norwegische Geologen haben durch neue Forschungen die glaziale Geschichte der Nordsee untersucht und dabei interessante Erkenntnisse gewonnen. Laut Junge Welt wurden unter dem Meerschlick Landschaftsformen entdeckt, die Aufschluss über die Eiszeit geben. Bis vor etwa 1,1 Millionen Jahren war die Nordsee demnach nicht vereist und wies starke Strömungen auf.
Die Studien zeigen eine kontinuierliche Präsenz großer Eismassen aus Norwegen über das Gebiet. Dies stellt die bisherigen Annahmen über Gletscherbewegungen und das intervallartige Wiederabtauen in Frage. Während der Eiszeit war die Nordsee von Gletschern bedeckt, die mehrere hundert Meter dick waren. Vor etwa 12.000 Jahren führten das Abtauen der Gletscher zu tiefen Schluchten und hohen Kliffen in der Region. Diese entstandene Landschaft, oft als „Doggerland“ bezeichnet, war zeitweise trocken und von Menschen besiedelt, bevor sie vor etwa 8.000 Jahren wieder vom Meer erobert wurde.
Neue Erkenntnisse stützen Veränderungen des bisherigen Modells
Um die genauen Abläufe der Vereisung zu verstehen, gab es Unsicherheiten bei der Modellierung des Vormarsches der Eismassen und deren Zeitrahmen. Früheren Modellen zufolge gab es mehrere Gletscher-Vorstöße und Rückzüge. Nun postuliert das Forschungsteam um Dag Ottesen, dass die Vereisung bereits vor 1,9 oder 1,8 Millionen Jahren begann. Ihr bevorzugtes Modell geht jedoch von einem einmaligen Vorstoß des Inlandeises vor etwa 1,1 Millionen Jahren aus.
Dieser Vorstoß lagerte eine Schicht Geschiebelehm von bis zu 120 Metern Dicke über einer Fläche von 10.000 Quadratkilometern ab. Die Verifizierung dieser These erfolgte durch seismische 3D-Darstellungen, die ursprünglich für die Suche nach Erdgas und Erdöl erstellt wurden. Zudem werden die Landschaftsformen als „pockennarbig“ beschrieben, was darauf hindeutet, dass sie durch Wasser aus tieferliegenden Sedimenten entstanden sind. Das Meerwasser verformte zudem Krater und bildete elliptische Furchen, was auf starke Strömungen in einer weitgehend eisfreien Nordsee bis vor etwa 1,1 Millionen Jahren hinweist.
Die parallelen Forschungsergebnisse wurden auch von Scinexx bestätigt. Die dortigen Geologen stellten fest, dass die Nordsee bis vor etwa 1,1 Millionen Jahren unvereist war und den Gletscher-Vorstößen aus Norwegen hinweg stand. Die neu entdeckten Landschaftsformen unter dem Nordseeschlick, darunter runde „Pockennarben“ und kilometerlange Rinnen, zeugen von den starken ozeanischen Strömungen und tragen dazu bei, frühere Modelle zu revidieren, die von einer kontinuierlichen Vereisung ausgingen.