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Im Jahr 1958 reiste der italienische Schriftsteller Carlo Levi durch Deutschland und hielt seine Eindrücke in einem bemerkenswerten Reisebericht fest. Levi, der als antifaschistischer Journalist bekannt ist und den Klassiker „Christus kam nur bis Eboli“ verfasst hat, war damals von Rom nach München gereist, um an einem Vortrag teilzunehmen und seinen Verleger in Stuttgart zu treffen. Seine Reise führte ihn durch mehrere Städte, darunter Augsburg, Ulm, Stuttgart, Schwäbisch Hall, Tübingen und Berlin.
Levi beschreibt in seinem Werk die deutsche Gesellschaft als eine, die sich vor ihren eigenen Traumata versteckt. Besonders prägnant sind seine Schilderungen der Deutschen, die er als „zahmste Tiere der Welt“ bezeichnete. Er war schockiert von den deutschen Geschäftsmännern, die er als dick und gleichgültig wahrnahm, sowie von den Frauen, die ungehemmt Würste aßen, was er als übertrieben und gefräßig kritisierte. Auch die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs waren für Levi allgegenwärtig, was sich in seiner ethnografischen Analyse widerspiegelt.
Neuerscheinung von „Die doppelte Nacht“
Die Notizen von Carlo Levi aus dem Jahr 1958 werden nun erstmals auf Deutsch von dem Verlag C.H. Beck veröffentlicht. Das Buch trägt den Titel Die doppelte Nacht. Eine Deutschlandreise im Jahr 1958 und ist bereits seit 2024 erhältlich. Es umfasst 176 Seiten im gebundenen Format und kostet 20,00 EUR. Die Übersetzung erfolgte durch Martin Hallmannsecker, unterstützt von Bernd Roeck. In dem Bericht thematisiert Levi nicht nur den Wiederaufbau der Städte, sondern auch die Verdrängung und Verwüstungen der Vergangenheit.
Levi, der aufgrund seiner politischen Ansichten in den 1930er Jahren von Mussolinis Regierung verhaftet und ins Exil getrieben wurde, reflektierte in seinen Beobachtungen über die Rückkehr von Kunstwerken im Pergamonmuseum und führte Gespräche mit schlesischen Vertriebenen in KZ-Baracken. Kritiken des Buches heben Levis scharfe Beobachtungen hervor und beschreiben ihn als „verzweifelten“ Beobachter, der Schwierigkeiten hat, die deutsche Kultur mit der Realität zu verbinden. Einige Rezensenten charakterisieren die Deutschen als „schuld- und hasserfüllt“. Die gelungene Übersetzung und die Bedeutung des Buches für das Verständnis der deutschen Nachkriegsgesellschaft erregen zudem Aufmerksamkeit.
Die Passagen über das geteilte Berlin und Levis ethnografische Eindrücke geben einen tiefen Einblick in die Gesellschaft, die das Trauma der Vergangenheit mit äußeren Wohlstand zu verdecken versucht. Details zu Levis Reise und seinen Erlebnissen sind in der Neuveröffentlichung nachzulesen und bieten wertvolle Dokumente über die Nachkriegszeit, die auch als Augenöffner für die Gegenwart dienen können.
Für weitere Informationen über die Hintergründe von Levis Reise und den Inhalt seines Buches kann auf die Berichte von Welt und Perlentaucher zurückgegriffen werden.