
Am und rund um den 1. Mai 2023 wird Berlin von einer Vielzahl an Demonstrationen und Festen geprägt. Geplant sind unter anderem eine feministische Demonstration am Vorabend sowie eine traditionelle, revolutionäre 1. Mai-Demonstration in den Bezirken Neukölln und Kreuzberg. Alle Veranstaltungen werden eine wichtige Plattform für das gesellschaftliche und politische Engagement darstellen.
Ein interessantes Highlight ist eine Satiredemo im Grunewald unter dem Motto „Cape Grunaval“, bei der eine Raumschiffstation errichtet wird. Zudem findet am 30. April eine queer-feministische Demo mit dem Titel „Take back the night“ in Kreuzberg statt, die um 20 Uhr am Mariannenplatz beginnen wird. Diese Protestaktion wird begleitet von einem Protestmarsch über die Oberbaumbrücke in Richtung Friedrichshain, der am Annemirl-Bauer-Platz am Ostkreuz endet.
Demonstrationen mit verschiedenen Themen
Die Demonstrationen werden maßgeblich von Palästina-Aktivistinnen organisiert. Sie thematisieren den Nahost-Konflikt sowie die Abschiebung pro-palästinensischer Aktivisten und kritisieren neben Antisemitismus auch Polizeigewalt, Femizide und die Kriminalisierung von Sexarbeit. Am 1. Mai selbst wird unter dem Motto „Mach dich stark mit uns“ eine Gewerkschaftsdemonstration um 11 Uhr an der Karl-Marx-Allee beginnen. Um 12 Uhr ist eine Kundgebung vor dem Roten Rathaus vorgesehen, die von einem Familienfest gefolgt wird.
Ein technodemonstrativer Höhepunkt wird die Veranstaltung „Free Görli – Rave against the Zaun“ im Görlitzer Park sein, die von 13 bis 17 Uhr stattfinden wird, gefolgt von einer Protestparade um 16:30 Uhr. Auch im Grunewald ist eine Spaßdemonstration mit dem Motto „Musk, Milei und Merz zum Mars“ sowie Fahrrad-Zubringer-Demos ab 10 Uhr geplant. Zudem wird eine Fahrraddemonstration der Bürgerinitiative „A100 stoppen“ ab 16 Uhr vom Johannaplatz nach Kreuzberg führen.
Die revolutionäre 1. Mai-Demonstration ist für 18 Uhr am Südstern angesetzt und wird ebenfalls den Nahost-Konflikt thematisieren. Ein Statement von Daniela Klette ist ebenfalls integriert. Das diesjährige Myfest wird nicht stattfinden; stattdessen ist eine Veranstaltung unter dem Titel „Ein ganz normaler Park im Tag“ im Görlitzer Park geplant. Dabei hat das Bezirksamt Maßnahmen zur Sauberkeit im Park und die Bereitstellung mobiler Toiletten angekündigt. Während in Neukölln kein großes Programm vorgesehen ist, findet am Tempelhofer Feld ab 14 Uhr ein Kinder- und Familienfest statt.
Der Sozialwissenschaftler Peter Ullrich von der TU Berlin äußerte sich zu den Demonstrationen und stellte fest, dass die 1. Mai-Demo in Berlin stark auf das Thema Palästina fokussiert sein wird. Ullrich weist darauf hin, dass das Thema bewusst in den Mittelpunkt der Demo gerückt wird und beobachtet auf den Veranstaltungen vereinzelt die Verwendung verbotener Slogans wie „From the river to the sea“. Die Wut der Demonstrierenden sieht er als Ausdruck des Drucks auf die propalästinensische Bewegung, insbesondere nach den Verboten von Protesten seit dem 7. Oktober.
Ullrich kritisiert die pauschale Stigmatisierung von Palästina-Aktivisten als antisemitisch und fordert eine differenzierte Diskussion zu den Begriffen wie „Apartheid“ und deren Implikationen. Er warnt davor, dass militante Rhetorik in Solidaritätsgruppen und der Verlust an Komplexität in der Diskussion gefährlich für die Glaubwürdigkeit der Bewegung sein könnten. Darüber hinaus äußert er Bedenken über die autoritären Tendenzen des Staates gegenüber der propalästinensischen Bewegung, die auch andere Akteure betreffen könnten, wie die taz berichtete.