
Die Entnazifizierung in Deutschland, besonders in Städten wie Offenbach, steht im Fokus der aktuellen historischen Forschung. Helmuth Schranz, ehemaliger Oberbürgermeister von Offenbach, spielte eine zentrale Rolle während der NS-Zeit und war für die Verfolgung von Andersdenkenden sowie die Diskriminierung von Juden verantwortlich. Laut einem Bericht von op-online.de trat Schranz bereits 1925 in die NSDAP ein. Am 25. März 1945 floh er vor den anrückenden Amerikanern und wurde in der Nähe von Regensburg von der US-Armee aufgegriffen, bevor er ins Internierungslager Darmstadt gebracht wurde, das als größtes Internierungslager in der amerikanischen Besatzungszone galt.
In Offenbach wurden zwischen 450 und 500 Juden bis 1943 deportiert. Nach der Befreiung der Stadt am 26. März 1945 durch die Amerikaner wurde die Verwaltung zügig wiederhergestellt. Die Militärregierung begann umgehend mit der Registrierung der Bevölkerung, um die NSDAP-Mitgliedschaften zu überprüfen. Ab März 1946 trat das Befreiungsgesetz in Kraft, das die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Entnazifizierung festlegte. In diesem Kontext wurden in Hessen rund 2,9 Millionen Meldepflichtige registriert, darunter 59.401 Meldungen aus Offenbach.
Spruchkammern und ihre Arbeit
Die Spruchkammern, die mit unbescholtenen Bürgern besetzt waren, oft Mitglieder anderer Parteien, waren zuständig für die Bewertung der NS-Vergangenheit der Bevölkerung. Schranz und andere NS-Täter wie Gestapo-Beamte wurden vor diesen Kammern verhandelt. Berichten von landesarchiv.hessen.de zufolge wurden die Verfahren im Rahmen des 1946 erlassenen Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus durchgeführt. Alle Deutschen ab 18 Jahren mussten sich für ihr Verhalten in der NS-Zeit verantworten.
Die Spruchkammern führten Einzelfallakten und Meldebögen, die wichtige Informationen über die Einstufung der einzelnen Befragten enthielten. Diese reichten von Hauptschuldigen über Belastete bis hin zu Mitläufern. Schranz wurde 1948 als Mitläufer eingestuft, was seiner politischen Karriere nicht schadete. Die Spruchkammer Offenbach stellte ihre Arbeit am 1. Oktober 1948 ein, und die Schuldfrage in Deutschland blieb danach lange Zeit ein unverarbeitetes Thema. Erst mit dem Auschwitz-Prozess 1963 erlangte die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit internationale Aufmerksamkeit.