
Die Universität Kassel verfolgt einen neuen Ansatz, um ihre Examensaufgaben gendersensibel zu gestalten. Gemäß einem Bericht der Frankfurter Allgemeine Zeitung halten Angehörige der Universität den Vorschlag zur Verwendung gendergerechter Bezeichnungen in Examensprüfungen zunächst für einen Witz. Dennoch haben die Direktoren des Zentrums für Lehrer:innenbildung einen ernst gemeinten Vorschlag an die Prüfer unterbreitet.
In einem aktuellen gesellschaftspolitischen Kontext hat die schwarz-rote Regierung in Wiesbaden die Verwendung des Binnen-Doppelpunktes in offiziellen Dokumenten verboten. Statt beispielsweise „Schüler:innen“ sollen die Formulierungen „Schülerinnen und Schüler“ genutzt werden. Daraufhin schlägt das Kasseler Zentrum eine komplexere Formulierung vor: „Schülerinnen, Schüler, nicht-binäre Lernende an Schulen sowie solche, die sich keiner geschlechtlichen Kategorie zuordnen möchten“. Ellen Christoforatou, Geschäftsführerin des Zentrums, bestätigt, dass der Einsatz dieses Vorschlags in Examensprüfungen und wissenschaftlichen Hausarbeiten geplant ist.
Gespräche über gendersensible Sprache
Die bisherige Formulierung, wie etwa „Passen Sie die Aufgabe unten an den Unterricht für Schüler:innen an“, könnte demnach durch die neue Version ersetzt werden. Christoforatou sieht dabei kein Risiko für die Examenskandidaten, da die juristische Prüfung des Vorschlags als mögliche Variante ausgefallen ist. Die Rückmeldungen der Dozenten auf diesen Vorschlag seien „weit überwiegend positiv“, und das Präsidium der Uni Kassel unterstützt die Argumentation des Lehrerbildungszentrums.
Darüber hinaus interpretiert die Hessische Lehrkräfteakademie den Erlass des Hessischen Kultusministeriums so, dass das Verbot gendersensibler Sprache auch für wissenschaftliche Hausarbeiten gilt. Trotz dieser Entwicklungen bleibt die Formulierung „Schülerinnen und Schüler“ als Alternative bestehen. Das Kultusministerium hat sich bislang nicht zu dem Vorschlag geäußert, betont jedoch die Notwendigkeit von gut lesbaren und verständlichen Texten. Professoren und Studierende dürfen außerhalb offizieller Texte weiterhin den Binnen-Doppelpunkt verwenden.
Zusätzlich informiert die Universität Kassel über geschlechtergerechte Sprache in der Kommunikation. Eine webseite der Universität Kassel bietet Hinweise zu verschiedenen Anredeformen, die je nach Situation eingesetzt werden sollen. Dort wird empfohlen, geschlechtsneutrale Anredeformen zu verwenden, um Trans*, Inter- und nicht-binär verorteten Personen gerecht zu werden. Darüber hinaus wird eine Ergänzung der eigenen Pronomen in E-Mail-Signaturen, Tür- und Namensschildern empfohlen. Die Universität betont ihre Bestrebungen, die Kommunikation möglichst diskriminierungsfrei zu gestalten und lädt zur Rückmeldung bei speziellen Anfragen zur Anrede ein.