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In Deutschland könnte es zu einer bedeutenden Reform der Lohnfortzahlung bei Krankheit kommen. Allianz-CEO Oliver Bäte plant, die Wiedereinführung von Karenztagen zu fordern, also Tagen, an denen Arbeitnehmer im Krankheitsfall keinen Lohn erhalten. Laut Bäte könnte diese Maßnahme Arbeitgeber entlasten und jährlich bis zu 40 Milliarden Euro einsparen. Der Vorstoß ist Teil einer breiteren Debatte über die steigenden Krankheitskosten in Deutschland, die jährlich circa 77 Milliarden Euro für Gehälter krankgeschriebener Mitarbeiter kosten, hinzu kommen 19 Milliarden Euro von den Krankenkassen.
Aktuell erhalten in Deutschland krankgeschriebene Arbeitnehmer ab dem ersten Tag weiterhin ihr Gehalt, während der durchschnittliche Krankheitsstand im Jahr 2023 bei 15,1 Arbeitstagen lag. Im Vergleich hierzu ist der EU-Durchschnitt mit acht Krankheitstagen deutlich niedriger. Die Diskussion über Karenztage ist nicht neu; bereits im Dezember 2024 hatte Monika Schnitzer, Chefin der Wirtschaftsweisen, eine Prüfung der Wiedereinführung von Karenztagen vorgeschlagen. Diese praktischen Regelungen wurden in den 1970er Jahren abgeschafft und ihre Rückkehr ist unter Experten umstritten.
Reaktionen auf den Vorschlag
Der DGB kritisierte den Vorschlag als ungerecht und warnte vor dem sogenannten „Präsentismus“, bei dem Beschäftigte trotz Erkrankung zur Arbeit kommen. Auch IG Metall äußerte sich negativ und bezeichnete den Vorschlag als „unverschämt“ und „fatal“, da er die soziale Sicherheit angreife. Tobias Stüber, Chef von Flibco, spricht sich ebenfalls gegen unbezahlte Krankheitstage aus und fordert stattdessen eine bessere Unternehmenspolitik.
Auf der anderen Seite gibt es Stimmen, die die Idee eines unbezahlten Krankheitstags unterstützen. Sozialexperte Bernd Raffelhüschen plädierte für drei Tage ohne Lohn. Mercedes-Chef Ola Källenius sieht den hohen Krankenstand als ernsthaftes Problem für Unternehmen. Politisch gehen die Meinungen auseinander; während einige Politiker offen für eine Diskussion über Karenztage sind, lehnen andere den Vorschlag ab.
Eine Übersicht über die Kosten und die aktuellen Krankmeldungen in Deutschland zeigt die Dimension des Problems: Im Jahr 2024 erreichten die Krankmeldungen ein Rekordhoch mit einem Durchschnitt von 17,7 krankgeschriebenen Tagen von Januar bis November, im Vergleich zu 17,4 im Jahr 2022 und 13,2 Tagen im Jahr 2021. Vor der Corona-Pandemie lag die Zahl bei 14,1 Tagen in den ersten elf Monaten.
Für weitere Informationen zu diesem Thema besuchen Sie die Artikel von Merkur und Tagesschau.