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Immer mehr junge Menschen entscheiden sich nach der Schule für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). Im Handwerk wird nun ein ähnliches Modell ins Auge gefasst, um Ausbildungsbetriebe und interessierte Jugendliche vor dem Start ihrer Ausbildung zusammenzubringen. Kreishandwerksmeister Thomas Radermacher unterstreicht die Bedeutung eines engeren Kontaktes zwischen Schülern und der Berufswelt. Auch Jan Bauer, Obermeister der Maler- und Lackierer-Innung Bonn/Rhein-Sieg, betont, dass etwa 70 % der Auszubildenden über Praktika ihren Ausbildungsplatz gefunden haben. Dies verdeutlicht den Bedarf an solchen Übergangsformen.
In Schleswig-Holstein existiert bereits ein freiwilliges Handwerksjahr, welches als Vorlage für Nordrhein-Westfalen dienen könnte. Dort haben rund 150 Betriebe und mehr als 80 Jugendliche Interesse an dem Programm gezeigt. Aktuell haben bereits 25 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 25 Jahren mit einer monatlichen Aufwandsentschädigung von 450 Euro begonnen.
Vorschläge und Perspektiven für das Handwerk
Oliver Krämer, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg, schlägt ein Handwerksjahr vor, das aus vier Stationen besteht, in denen Teilnehmer jeweils ein Quartal in unterschiedliche Berufe hineinschnuppern können. Krämer fordert zudem politische Unterstützung zur Klärung von Rechtsfragen, zur Festlegung einer Mindestvergütung und zur Regelung der Schulpflicht. In der Region Bonn/Rhein-Sieg bietet die Kreishandwerkerschaft mehr als 130 Ausbildungsberufe an. Eine speziell entwickelte Azubi-App informiert die Jugendlichen über verfügbare Lehrstellen und Praktikumsplätze, wie Rundschau Online berichtete.
Darüber hinaus offeriert die Elektro Breitling GmbH ein eigenes Freiwilliges Handwerksjahr (FHJ) für junge Erwachsene, das sich an Abiturienten, Studienabbrechern und anderen jungen Menschen ohne klare berufliche Perspektive richtet. Das FHJ zielt darauf ab, praktische Erfahrungen im Handwerk zu vermitteln und Berufseinblicke zu ermöglichen, wobei keine Vorkenntnisse erforderlich sind. Bewerbungen können online eingereicht werden. Teilnehmer haben die Möglichkeit, verschiedene Berufsbereiche zu erkunden, darunter Lager & Logistik, erneuerbare Energien, Elektromobilität, IT, Elektrotechnik und Rechnungswesen.
Die Dauer des Freiwilligen Handwerksjahrs beträgt 12 Monate, und der Beginn ist jederzeit möglich. Nach Abschluss des FHJ besteht die Möglichkeit, eine Ausbildungsstelle zu erhalten, eventuell sogar mit einer verkürzten Ausbildungsdauer. Dieses Modell bietet den Teilnehmern nicht nur die Chance, ihre Neigungen und Fähigkeiten zu erkunden, sondern auch eine angemessene Entlohnung und finanzielle Unabhängigkeit zu genießen. Für die Betriebe ergeben sich ebenfalls Vorteile, da sie Zugang zu motivierten und qualifizierten Fachkräften erhalten, die sich zu vollwertig einsetzbaren Arbeitskräften entwickeln können, wie handwerk.de hervorhebt.