DeutschlandNiedersachsenOldenburg

Querdenker-Vorträge in Oldenburg: Was steckt hinter den geheimen Treffen?

In einem Landgasthof nördlich von Oldenburg haben seit mehreren Monaten Vortragsveranstaltungen stattgefunden, die Referenten der Querdenkerszene einladen. Eine dieser Veranstaltungen wurde kürzlich von Kayvan Soufi-Siavash, besser bekannt als Ken Jebsen, geleitet und zog mehr als 100 Besucher an. Jebsen äußerte kontroverse Ansichten, darunter Leugnungen der Existenz einer Demokratie in Deutschland und Behauptungen, die Bundesregierung sei fremdgesteuert. Das Aufzeichnen von Filmaufnahmen während der Veranstaltung war untersagt.

Während seiner Rede betonte Jebsen, dass die Menschen in einer „sogenannten“ Demokratie nicht selbst sprechen und denken würden. Der Politikwissenschaftler Joschua Helmer charakterisierte die Querdenkerszene als vielfältig, verbunden durch ihren Glauben an Verschwörungserzählungen sowie einer allgemeinen Ablehnung des politischen Systems. Jebsen machte einige widersprüchliche Aussagen, darunter eine Bezeichnung des russischen Angriffskriegs als amerikanischen Krieg. Er empfahl auch die Wahl der AfD und sprach die Friedensfrage in Europa an.

Antisemitische Verschwörungserzählungen und weitere Auftritte

Helmer wies darauf hin, dass viele Anhänger der Querdenkerbewegung antisemitische Verschwörungserzählungen teilen. So verglich Jebsen Israel im Kontext des Gazakriegs mit Nazideutschland. Seit Mai 2024 treten im Erbkrug regelmäßig weitere Querdenker auf, darunter der Mediziner Wolfgang Wodarg, der die Corona-Pandemie als Erfindung der Pharmaindustrie bezeichnet. Die Veranstaltungen finden in der Regel lange unter dem Radar statt, genaue Termine und Orte werden nicht öffentlich beworben und die Teilnehmer werden über eine Telegram-Gruppe informiert.

Bürgermeister Matthias Huber äußerte sein Unbehagen über die Vorträge in Godensholt und betonte, dass es dort eine intakte Dorfgemeinschaft gebe, die solche Veranstaltungen nicht wünscht. Der Gastronom, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, hat ein Interview abgelehnt. Berichten von NDR und taz zufolge wird die Veranstaltungsreihe nun beendet.

Die Querdenkerbewegung hat seit Beginn der COVID-19-Pandemie breite Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Berichten zufolge fanden von Frühjahr 2020 bis heute zwischen 12.000 und 15.000 Versammlungen statt. Jüngste Kundgebungen, wie eine am Brandenburger Tor, ziehen Teilnehmer unterschiedlichen Alters an, darunter auch Familien mit Kindern. Es wurden Flugblätter von der NPD verteilt und Flaggen des Deutschen Kaiserreichs gezeigt, während Sicherheitsmaßnahmen kaum eingehalten wurden. Michael Ballweg, Mitinitiator der Querdenken-Bewegung, sprach auf solchen Veranstaltungen über Frieden und Liebe, während die Medien die treibende Kraft hinter der Bewegung als kritisch gegenüber staatlichen Maßnahmen darstellten.

Die Versammlungsteilnehmer zeigten anfänglich Bedenken gegenüber Einschränkungen demokratischer Freiheiten. Jedoch wurden Verschwörungserzählungen zunehmend zu einem verbindenden Element. Links und Spielstätten bieten häufig Extremisten Gelegenheit zur Agitation. Experten warnen vor einer möglichen Radikalisierung innerhalb der Pandemieleugner-Szene und beobachten einen Anstieg von Gewaltaufrufen gegen öffentliche Persönlichkeiten. Tragische Zwischenfälle, wie der Mord an einem Tankstellenmitarbeiter durch einen Pandemieleugner im September 2021, haben das Potenzial für zukünftige Gewalthandlungen hervorgehoben.