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Der 27. Januar, der internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, wird in diesem Jahr in der Marineschule Mürwik in Flensburg mit einer zentralen Gedenkfeier begangen. Dieser Ort, der während des Zweiten Weltkriegs eine bedeutende Rolle für die Nazis spielte, sorgt jedoch für kontroverse Diskussionen unter Historikern und Vertretern von Gedenkstätten.
Die Marineschule Mürwik war zwischen dem 3. und 23. Mai 1945 der letzte Sitz der nationalsozialistischen Regierung unter Admiral Karl Dönitz. In dieser Zeit wurden dort Kriegsverbrecher versteckt und Soldaten, die sich dem Krieg entziehen wollten, erschossen. Aufgrund dieser belasteten Geschichte empfinden viele Kritiker, darunter Historiker und Vertreter von Gedenkstätten, den Standort als ungeeignet für eine derartige Gedenkveranstaltung. Historiker Gerhard Paul betont, dass an einem Täterort nicht der Opfer gedacht werden kann, während Stephan Linck die unzureichende Auseinandersetzung mit der Geschichte der Marineschule kritisiert.
Kritik an der Entscheidung
Die Kritik an der Wahl des Standorts äußert sich in Form offener Briefe an die Landtagspräsidentin Kristina Herbst (CDU). Auch die SPD-Fraktion hat Bedenken geäußert. Heino Schomaker, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft „Gedenkstätten und Erinnerungsorte Schleswig-Holstein“, unterstützt diese Bedenken. Die Landtagspräsidentin hingegen hält an der Entscheidung fest und bezeichnet die geäußerte Kritik als unerwartet. Sie verweist darauf, dass bereits zahlreiche Veranstaltungen zur Aufarbeitung der Geschichte in der Marineschule stattgefunden haben und nicht plant, am Ablauf des Gedenkens am 27. Januar etwas zu ändern.
Militärhistoriker Sönke Neitzel spricht sich für die Einbindung militärischer Orte in die Erinnerungskultur aus. In der aktuellen Debatte wird auch auf die Notwendigkeit einer intensiveren Aufarbeitung der Geschichte des Ortes verwiesen, um den Erinnerungsprozess an die Opfer des Nationalsozialismus angemessen zu gestalten, wie ndr.de berichtete. Weiterführende Informationen zur Kontroverse können bei spiegel.de nachgelesen werden.