
Das Modehaus Niebel in Heidelberg hat als erstes Einzelhandelsgeschäft die „Stille Stunde“ eingeführt. Dieses Konzept richtet sich insbesondere an Menschen im Autismus-Spektrum, hochsensible Personen und Menschen mit neurologischen Erkrankungen. Die „Stille Stunde“ findet jeweils mittwochs von 17 bis 18.30 Uhr statt, während derer spezielle Maßnahmen zur Entlastung der Kunden getroffen werden.
Während dieser Zeit wird Musik ausgeschaltet, auf laute Gespräche und Durchsagen verzichtet, keine Waren umgeräumt und die Kunden werden nicht aktiv angesprochen. Auch das Café Nomad, das sich im Gebäude des Modehauses befindet, beteiligt sich, indem es an jedem ersten Mittwoch im Monat von 16 bis 17 Uhr ebenfalls eine „Stille Stunde“ anbietet. Die Initiatorin der Stillen Stunde, die Behindertenbeauftragte der Stadt Heidelberg, Christina Reiß, begrüßt die positive Rückmeldung aus einer Online-Umfrage und hofft auf Nachahmer in der Region.
Unterstützung der Initiative
Valerie Gebhard vom Büro der Kommunalen Behindertenbeauftragten hebt die Bedeutung der Initiative für Menschen mit Reizüberflutung hervor, während Bürgermeisterin Stefanie Jansen den neuen Ansatz als Schritt zur Inklusion unterstützt. Carmen Niebel ist es wichtig, mit der Stillen Stunde ein Zeichen zu setzen und die Bedürfnisse betroffener Personen ernst zu nehmen. Auch Nicolina Visevic vom Citymarketingverein Pro Heidelberg setzt sich für die Initiative ein und betont den Servicegedanken.
Das Konzept der „Stille Stunde“ wurde ursprünglich von Theo Hogg in Neuseeland entwickelt. In Ländern wie der Schweiz und Großbritannien ist diese Maßnahme bereits weit verbreitet. Einzelhändler in Heidelberg, die ebenfalls an der Teilnahme an der „Stillen Stunde“ interessiert sind, können sich beim Citymarketingverein Pro Heidelberg e. V. melden. Weitere Informationen sind unter www.heidelberg.de/stillestunde zu finden.
Zusätzlich gibt es eine umfassende Initiative zur Aufklärung und Sensibilisierung für neurodivergente Menschen, die die Bedürfnisse dieser Personen respektiert und sensorische Barrieren abbaut. Die Idee für die „Stille Stunde“ stammt ebenfalls von Theo Hogg, der die Herausforderungen neurodivergenter Kinder im Alltag thematisiert, wie beispielsweise beim Einkaufen und in der Schule. Dabei wird auf die Problematik der Reizüberflutung hingewiesen, die vor allem Menschen mit ADHS und im Autismus-Spektrum betrifft. Es wird betont, dass Reizüberflutung zu „Meltdown“ oder „Shutdown“ führen kann.
Insgesamt sind fünf Bereiche definiert, die für gesellschaftliche Veränderungen und den Abbau sensorischer Barrieren stehen: Aufklärung, Unterstützung in Bildungseinrichtungen, Anpassung von Arbeitsplatzbedingungen, Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowie gesellschaftliche Anerkennung neurodivergenter Menschen. Informationen zu weiteren Aspekten dieser Thematik finden sich auf www.stille-stunde.com.