
Der Zweite Weltkrieg stellte Millionen Menschen vor enorme Herausforderungen, darunter Existenzangst, Flucht und Vertreibung. Der psychische Einfluss dieser traumatischen Erlebnisse ist ein zentrales Thema an der Psychiatrischen Klinik in Lüneburg, wo Dr. Katharina Roscher und Marc Burlon mit betroffenen älteren Patienten arbeiten. Experten betonen, dass die psychischen Folgen solch schwerwiegender Ereignisse nicht nur die Überlebenden, sondern auch nachfolgende Generationen prägen können.
Traumatische Erlebnisse, wie sie im Kontext des Zweiten Weltkriegs stattgefunden haben, sind häufig Bestandteil biografischer Gespräche mit Patienten. Diese Erlebnisse können durch aktuelle Konflikte, wie den Krieg in der Ukraine, wieder hochkommen und alte Erinnerungen reaktivieren. Insbesondere im Alter sind Menschen emotional sensibler, was dazu führen kann, dass verdrängte Erinnerungen ans Licht kommen. Die Symptome bei betroffenen Älteren zeigen sich oft in Form von Ängsten, unerklärlichem Verhalten oder Rückzug.
Die Vererbung von Traumata
Frühere Generationen gingen anders mit ihren Traumata um – oft wurde geschwiegen oder verdrängt. Unverarbeitete Traumata können schwerwiegende Folgen haben, wie Drogenkonsum, Depressionen oder familiäre Gewalt. Die Forschung legt nahe, dass Traumata sich über Generationen vererben können, was durch wissenschaftliche Studien, beispielsweise nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 belegt wurde.
Ein weiterer Faktor ist die seit 2015 wieder gestiegene Relevanz des Themas Flucht in Deutschland, da viele geflüchtete Menschen in der Klinik behandelt werden. Eine Therapie zur Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse kann meist in acht bis zehn Sitzungen erfolgen. Roscher ermutigt alle, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, zur Therapie zu gehen, unabhängig vom Alter. Bei Patienten mit Demenz sind jedoch psychotherapeutische Mittel häufig nicht mehr wirksam.
In einem weiteren Kontext berichtet Planet Wissen über die massive Völkerwanderung zwischen 1939 und 1950, die etwa 25 bis 30 Millionen Menschen erfasste. Etwa 14 Millionen Deutsche waren zwischen 1944 und 1950 von Flucht und Vertreibung betroffen. Vor Kriegsende lebten mehr als 17 Millionen Deutsche auf dem Gebiet der heutigen Staaten Polen, Baltikum, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Jugoslawien und Rumänien. Die Flucht führte zu unzähligen Todesfällen und einem enormen Leid für die Überlebenden, die erschöpft und verarmt in Deutschland ankamen.
Die Integration der Flüchtlinge war eine große Herausforderung für die vier Besatzungszonen in Deutschland. In der US-amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone wurden etwa acht Millionen Vertriebene und Flüchtige aufgenommen. In der sowjetischen Besatzungszone betrug die Zahl vier Millionen. Diese Integration führte zu bedeutenden Bevölkerungsverschiebungen, beispielsweise verdoppelte sich die Einwohnerzahl in Mecklenburg.